Alter(n)sgerechte Arbeit in der Instandhaltung

Der demografische Wandel ist in Deutschland schon längst angekommen. Das Durchschnittsalter liegt in 2019 bei 44,5 Jahren [1]. Zudem wird in den kommenden 10 Jahren der Anteil der Bevölkerung zwischen 20 und 66 Jahren um ca. 3 Mio. abnehmen [2]. Dies bedeutet für die Unternehmen, noch stärker als bisher die Potenziale der älteren Mitarbeiter zu nutzen und weiterzuentwickeln aber auch Arbeitsplätze und -organisationen bereitzustellen, die auf die besonderen Anforderungen älterer Mitarbeiter abgestimmt sind. Auch in der Instandhaltung, mit den teilweise hohen physischen Anforderungen an die Mitarbeiter, ist auf die sich ändernde Situation zu reagieren.

Zu beachten ist hierbei, dass sowohl eine alterns- als auch eine altersgerechte Arbeitsgestaltung umgesetzt wird. Die alternsgerechte Arbeitsgestaltung ist darauf ausgerichtet, die Arbeitsfähigkeit über die gesamte Dauer der Erwerbstätigkeit zu erhalten und zu fördern. Die altersgerechte Arbeitsgestaltung berücksichtigt die physische und psychische Leistungsfähigkeit bei (älteren) Arbeitnehmern und leitet daraus notwendige Gestaltungsmaßnahmen ab. [3,4] Wird darauf nicht frühzeitig eingegangen, so verstärken sich die negativen Effekte durch den natürlichen Alterungsprozess. Dies führt neben einer reduzierten Leistungsfähigkeit auch zu Demotivation oder geringer Arbeitszufriedenheit.

Das SOK-Modell

Ein grundsätzlicher Ansatz, um die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten ist das SOK-Modell. SOK ist ein Akronym und steht für die Merkmale „Selektion“, „Optimierung“ und „Kompensation“. Selektion bedeutet, dass älteren Mitarbeitern ausgewählte Arbeiten zugewiesen werden, die ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Vergleich zu jüngeren Kollegen durchgeführt werden können. Dies sind z.B. Arbeiten ohne höhere physische Belastung (z.B. Fehlersuche). Durch eine Reduzierung des Aufgabenspektrums (z.B. nur Instandhaltung an ausgewählten Anlagen durchführen) wird dem Merkmal „Optimierung“ Rechnung getragen. Kompensation lässt sich erzielen, indem fordernde Arbeiten und Routinearbeiten im Wechsel durchgeführt werden. Hierbei gilt es ältere Mitarbeiter nicht auf Kosten der Jüngeren zu entlasten und natürlich alle Interessensgruppen in den Umsetzungsprozess einzubinden. [5]

5 Aspekte zur Ausgestaltung

Um eine gesamthafte Sichtweise der Arbeitsgestaltung zu erhalten, sollten fünf Aspekte detailliert bewertet und auf die künftigen Anforderungen hin angepasst werden. Einige auch für die Instandhaltung relevanten Aspekte sind im Folgenden dargestellt [4,5]:

 1. Arbeitsaufgabe

Bei der Gestaltung der Arbeitsaufgabe hat es sich als förderlich erwiesen, wenn die Mitarbeiter einen größeren Entscheidungsspielraum (zeitlich aber auch in der Art und Weise) haben die Aufgabe zu bearbeiten. Zusätzlich sollte auf Abwechslungsreichtum geachtet werden, ohne zu überfordern und um Monotonie vermeiden.

2. Arbeitsorganisation

Grundsätzlich sind die Arbeitszeitregeln einzuhalten. Ein an die Lebensphasen angepasstes Arbeitszeitmodell ist hierbei zu präferieren. Dies könnten für ältere Mitarbeiter z.B. wie folgt aussehen: kürzere Arbeitszeiten, Einsatz in der Tagschicht und gesundheitsförderliche Pausengestaltung

Es können ebenfalls Laufbahnmodelle oder Arbeitsplätze geschaffen bzw. angepasst werden, die eine altersgerechte Arbeitsgestaltung zu unterstützen.

3. Soziale Beziehungen

Hier ist darauf zu achten, dass auch Möglichkeiten der sozialen Interaktion geschafft werden. Dies kann z.B. durch den Einsatz von Teams zur Bearbeitung von Instandhaltungsarbeiten erfolgen.

4. Arbeitsumgebung

In Bürobereichen ist die Anpassung der Arbeitsumgebung häufig einfacher möglich als für den Handwerker, der vor Ort an der Anlage Reparaturen durchzuführen hat. Jedoch können auch Handwerkern ergonomische Arbeitsmittel bereitgestellt werden oder physische Beanspruchungen können durch z.B. den Einsatz von Akkuschraubern reduziert werden.

5. Betrieblicher Kontext

Zum betrieblichen Kontext, der eine alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung fördert gehören u.a.:

  • ein integratives System von Arbeitsschutz, betrieblichem Gesundheitsmanagement und betrieblichem Eingliederungsmanagement
  • ein alle Altersgruppen einschließendes Personalmanagement
  • eine wertschätzende Unternehmenskultur

Bei der Ableitung von konkreten Maßnahmen sollten Sie folgendes berücksichtigen:

  • Die Ableitung der Maßnahmen erfolgt immer vor dem Hintergrund der spezifischen betrieblichen Rahmenbedingungen.
  • Der Arbeitskontext in dem die Mitarbeiter eingesetzt werden ist zu berücksichtigen.
  • Unterschiede hinsichtlich der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit nehmen mit dem Alter zwischen Gleichaltrigen zu.
  • Einige Merkmale der beruflichen Leistungsfähigkeit nehmen nicht nur ab (z.B. Motorik, Sensorik) sondern auch zu (z.B. soziale Kompetenz, intrinsische Motivation).

Eine erfolgreiche Arbeitsgestaltung setzt somit auf eine effektive Nutzung der verbliebenen Fähigkeiten und Fertigkeiten und eine möglichst auf den einzelnen Mitarbeiter individuell zugeschnittene Arbeitsorganisation.

Quellen- und Literaturhinweise

[1] https://www.bib.bund.de/Permalink.html?id=10208850

[2] DeStatis: 14. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland. Variante 1: Moderate Entwicklung bei niedrigem Wanderungssaldo. URL: https://service.destatis.de/bevoelkerungspyramide/index.html#!y=2030

[3] Seite „Alternsgerechte Arbeit“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Juni 2020, 17:29 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Alternsgerechte_Arbeit&oldid=200662328 (Abgerufen: 30. Januar 2021, 07:50 UTC)

[4] Bundesarbeitskammer: Altersgerecht oder alternsgerecht? URL: https://www.gesundearbeit.at/cms/V02/V02_5.a/1342551385584/alternsgerechte-arbeit/altersgerecht-oder-alternsgerecht (Abgerufen: 30.01.2021)

[5] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Alters- und Alternsgerechte Arbeitsplatzgestaltung. Grundlagen und Handlungsfelder für die Praxis. 2017.