Die optimale Instandhaltungsstrategie bestimmen

Mit der Instandhaltungsstrategie wird im Wesentlichen die Effektivität der Instandhaltung festgelegt. Daraus leitet sich auch die Größenordnung für zwei wichtige Unternehmenskennzahlen ab – nämlich die Höhe der durchschnittlichen Instandhaltungskosten sowie die erreichbare technische Anlagenverfügbarkeit. Daher ist es wichtig, auch sicher zu sein, dass die Instandhaltungsstrategie optimal „passt“. Dieser Nachweis fällt jedoch Unternehmen teilweise schwer.

Alle Industrieunternehmen haben eine Instandhaltungsstrategie, die sie umsetzen. Was jedoch manchmal fehlt, ist eine nachvollziehbare und einheitliche methodische Vorgehensweise zur Ableitung der optimalen Instandhaltungsstrategie.

Unternehmen, die eine solche methodische Vorgehensweise einsetzen und die Ergebnisse auch im Tagesgeschäft konsequent umsetzen, profitieren von 6 wesentlichen Vorteilen:

  • Bessere Ausrichtung der Instandhaltung an den Unternehmenszielen
  • Maximale Wertschöpfung aus dem Anlagenbetrieb
  • Verlässlichere Zielerreichung von Instandhaltungskosten und technischer Anlagenverfügbarkeit
  • Bessere Allokation des Instandhaltungsbudgets
  • Gemeinsames Verständnis zwischen Instandhaltung, Produktion und Management hinsichtlich der Ziele, Rahmenbedingungen, Restriktionen, technischer Limits,….
  • Nachweis, dass die Instandhaltungsstrategie optimal auf die Anforderungen und Zielvorgaben des Unternehmens ausgerichtet ist

Verschiedene methodische Vorgehensweisen können hierfür genutzt werden, wie z.B. die Fehlzustandsart- und -auswirkungsanalyse (FMEA) nach DIN EN 60812 oder die Vorgehensweise Reliability Centered Maintenance (RCM).

Die Ableitung und Umsetzung der Instandhaltungsstrategie, am Beispiel der Vorgehensweise von RCM, können Sie in 3 Phasen durchführen. Der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen liegt auf der RCM-Vorgehensweise und weniger auf den ebenso zu beachtenden Aspekten des Projektmanagements.

Phase 1: Vorbereitungsphase

1) Grenzen Sie die zu betrachtende technische Anlage ab. Dazu sollten auf Basis der aktuellen technischen Zeichnungen oder auch R/I-Fließschema die genauen Systemgrenzen der zu betrachtenden Anlage festgelegt werden.

2) Stellen Sie zunächst das Team zusammen, mit dem Sie gemeinsam die RCM-Vorgehensweise durcharbeiten wollen. Aus unserer Erfahrung hat es sich als zweckmäßig erwiesen die Produktion, die verschiedenen Gewerke der Instandhaltung (also meist die Mechanik und die E/MSR-Technik) und das Controlling einzubinden.

3) Sofern Sie bisher noch nicht mit RCM gearbeitet haben, ist es sinnvoll, das Team über die methodische Vorgehensweise zu informieren. Vielleicht haben Sie bereits auch schon Templates erarbeitet, in dem die Arbeitsergebnisse je Arbeitsschritt eingetragen werden können oder ergänzende Methoden ausgewählt, die Sie später nutzen wollen. Alle diese Punkte können ebenfalls Inhalt der Informationsveranstaltung sein.

Phase 2: Ableiten der Instandhaltungsstrategie

Nach der Vorbereitungsphase geht es dann darum, die 7 Schritte der RCM-Vorgehensweise zu durchlaufen. Dabei sind nacheinander diese Fragen zu beantworten:

  • Welche Funktion erfüllt die technische Anlage?
  • In welcher Weise kann die technische Anlage dabei gestört sein?
  • Wodurch wird die Störung verursacht?
  • Was passiert, wenn die Störung auftritt?
  • Wie gravierend wirkt sich die Störung aus?
  • Kann die Störung vorhergesagt werden?
  • Was ist zu tun, wenn die Störung nicht vorhergesagt werden kann?

Mögliche Ergebnisse nach Abschluß der 7 Schritte können sein:

  • Geänderte Arbeitsinhalte und Intervalle der durchzuführenden Wartungs- und Inspektionsarbeiten
  • Konkrete Ansätze für Anlagenverbesserungen
  • Anpassungen bei Art und Menge der einzulagernden Ersatzteile
  • Geänderte Verfahrens- oder Arbeitsanweisungen
  • Vorschlag für Investitionsprojekte
  • „Plan B“ bei Anlagenausfällen
  • ….

Phase 3: Umsetzungsphase

Nach Umsetzung der 7 Schritten geht es zum Abschluß in die Umsetzung. Auch diese Umsetzungsphase lässt sich weiter untergliedern. Die folgenden 5 Schritte helfen dabei, die Instandhaltungsstrategie erfolgreich im Unternehmen zu verankern.

  • Auswahl der optimalen Alternative
    • Manchmal werden im Rahmen von RCM verschiedene Alternativen bei der Ableitung der Instandhaltungsstrategie entwickelt. Diese Alternativen sind letztlich zu bewerten und die Geeignetste wird dann im nächsten Schritt „Konzeption“ weiter detailliert.
    • In Unternehmen mit einer Vielzahl an gleichen Anlagen (z.B. gleiche Waggons im Bahnunternehmen, Unterwerke bei Netzbetreibern, etc.) kann es sinnvoll sein, verschiedene Instandhaltungsstrategien im Sinne von A/B-Tests parallel umzusetzen. Dies gilt umso mehr, je größer die Unsicherheiten bei der Abschätzung von Effekten sind.
  • Konzeption
    • Die ausgewählte Alternative ist weiter zu detaillieren, bevor diese im Tagesgeschäft eingeführt werden kann. Dies umfasst z.B. die Erstellung oder Aktualisierung von Wartungs- und Inspektionsplänen oder auch die Schulung der Mitarbeiter.
    • Ggf. sind technische Änderungen umzusetzen, die einen MOC erfordern.
  • Umsetzung der Alternative
    • Die Umsetzung erfolgt in der Regel zunächst an der ausgewählten Pilotanlage. In Abhängigkeit von den Veränderungen kann es jedoch auch sinnvoll sein, einen vollständigen Roll-out über alle Anlagen umzusetzen.
  • Aufbau eines Erfolgs-Controllings
    • Mit der Umsetzung einer alternativen Instandhaltungsstrategie ist die Erwartung an konkrete Verbesserungseffekte verbunden. Diese Verbesserungseffekte gilt es im Rahmen eines Erfolgs-Controllings nachzuweisen Werden negative Effekte erkannt, ist eine Überprüfung der Instandhaltungsstrategie einzuleiten.
  • Regelmäßige Überprüfung der Instandhaltungsstrategie (s. hierzu den Blogbeitrag)

Der letzte Punkt ist von besonderer Bedeutung. Achten Sie darauf, regelmäßig Ihre Instandhaltungsstrategie vor dem Hintergrund geänderter betrieblicher und gesetzlicher Anforderungen zu überprüfen. Durch eine nicht optimale Instandhaltungsstrategie ergeben sich meist zu hohe Instandhaltungskosten, werden geforderte technische Anlagenverfügbarkeiten nicht erreicht oder steigt das Risiko ungeplanter Anlagenausfälle und Ereignisse.

Mehr Informationen zum Thema können u.a. hier nachgelesen werden:

  • DIN e.V. (Hrsg.): DIN EN 60812:2006-11 – Analysetechniken für die Funktionsfähigkeit von Systemen – Verfahren für die Fehlzustandsart- und -auswirkungsanalyse (FMEA) (IEC 60812:2006), Beuth Verlag, 2006.
  • Moubray, John: Reliability-Centered Maintenance, Industrial Press Inc., 1997.